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Adventskalender Geschichte
Sie sind bunt, vielfältig designt und in zahllosen Ausführungen zu haben: Adventskalender stürmen spätestens ab September den Markt und wir können uns ein Weihnachten ohne sie kaum noch vorstellen. Dabei ist die Geschichte dieser speziellen Kalender relativ jung.

Wie die Adventszeit entstand

Es ist schon erstaunlich: Das Christentum, quasi der Urheber der Kalender-Adventsidee, ist rund 2.000 Jahre alt, aber die ersten Schritte auf dem Weg zu einem Adventskalender wurden erst vor rund 200 Jahren unternommen.

Genau genommen begann die Geschichte bereits im 5. Jahrhundert, als die Menschen den letzten Sonntag vor dem Heiligen Abend zur Vorbereitung nutzten. Papst Gregor der Große entschied dann im 6. Jahrhundert, dass es vier Adventssonntage geben sollte. Damit legte er die bis heute gültige Grundlage für den Advent. Zu dieser Zeit wurde die Adventszeit allerdings noch sechs Wochen lang gefeiert: von ihrem Beginn am ersten Sonntag nach dem 26. November bis zum 6. Januar, dem Tag der Heiligen Drei Könige. Bis heute gibt es immer wieder Adventskalender, die diesen Zeitraum oder zumindest den bis Silvester/1. Januar abbilden. Doch es sollte noch etliche Jahrhunderte dauern, bis sich der Adventskalender, wie wir ihn heute kennen, entwickelte.

Abwechslung zur Einstimmung

Alles fing mit den Kerzen des Theologen Johann Hinrich Wichern an. Er wollte den sozial benachteiligten Kindern der Hamburger Einrichtung „Das Rauhe Haus“ die Adventszeit verkürzen. Seit 1833 war er hier Leiter. So zündete er jeden Tag eine kleine rote Kerze an, an den Sonntagen eine größere weiße. Irgendwann setzte er sie auf einen Kranz aus Holz und schmückte diesen mit frischem Grün: Der Adventskranz war erfunden. Heute trägt er allerdings nur noch vier Kerzen für die vier Sonntage.

Grundsätzlich war zu dieser Zeit die Idee, die spannende Adventszeit auf unterschiedliche Weise zu erleichtern, geboren. Sie entwickelte sich mehr oder weniger rasch an verschiedenen Orten. Katholiken gingen zur Andacht in die Kirche, wo jeden Tag gebetet und gesunden wurde. Protestanten pflegten diesen Brauch innerhalb der Familie.

Adventstraditionen von gestern und heute

Schließlich hängten Eltern ab etwa 1840 jeden Tag ein kleines religiöses Bild auf, damit die Kinder eine neue Abwechslung hatten. Sehr beliebt war auch der Strichkalender: Es wurden Kreidestriche an den Türstöcken, Schranktüren oder an einer Wand angebracht und die Kinder durften jeden Tag einen wegwischen. Eine andere Variante waren kleine Tannenbäume oder selbst gebastelte Baumgestelle aus Holz. Hier wurde täglich ein Bibelvers, ein Stern oder eine andere passende Dekoration aufgehängt. Auch die Tradition, jeden Tag eine zusätzliche Kerze anzuzünden, wurde gepflegt. Sehr schön ist der Brauch für Kinder, täglich einen Strohhalm oder eine Feder in eine Krippe zu legen, damit das Jesuskind, das bald geboren wird, ein weiches Bett bekommt. In einigen Klosterschulen hat sich diese Adventstradition bis heute erhalten.

Auch in den Nachbarländern fand die Idee, den Advent täglich zu feiern, großen Beifall. Die Skandinavier erfanden die Adventskerze. Auf ihr sind 24 Abschnitte aufgelistet und die Kerze wird jeden Tag einen Tagesabschnitt weit abgebrannt. Solche Kerzen gibt es auch heute noch. Eltern in Österreich erfanden eine Himmelsleiter, auf der das Christkind jeden Tag eine Sprosse weiter nach unten stieg. Und gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden Adventsuhren gebastelt. Sie bieten sich mit ihren zwölf beziehungsweise 24 Stunden geradezu an. Das noch recht junge Thema kam sogar in der Literatur vor: In den „Buddenbrooks“ von Thomas Mann wird von einem selbst gebastelten Adventsabreißkalender berichtet (das Buch erschien 1901). Adventskalender waren also bereits weit verbreitet. Bis sie massenweise in den Druck gingen, war es nur noch ein kleiner Schritt.

Die ersten gedruckten Adventskalender

1902 erschien in Hamburg bei der Evangelischen Buchhandlung Friedrich Tümpler die erste gedruckte Version der Adventsuhr.

Ein Jahr später brachte der Münchner Verleger Gerhard Lang erfolgreich einen Adventskalender heraus, den er „Im Lande des Christkinds“ nannte. Dieser erschien 1904 als Beilage im Stuttgarter Neuen Tagblatt. Er verfügte noch nicht über Türchen, sondern bestand aus zwei Blättern.

Auf dem einen waren 24 Kästchen mit Sprüchen zu sehen, auf dem anderen 24 Engelsfiguren. Diese wurden ausgeschnitten und auf die Sprüche geklebt. So hatten die Kinder täglich ihren Bastelspaß und gleichzeitig etwas Sinnvolles zum Lesen.

Gerhard Lang war bis in die 30er-Jahre erfolgreich tätig und erfand mehrere Adventskalender; darunter einen, der mit Schokolade befüllt werden konnte.

Adventskalender - Im Landes des Christkinds

Adventskalender – Im Landes des Christkinds 1903, Nachdruck 1915 | Richard Ernst Kepler [Public domain], via Wikimedia Commons

Inzwischen wurden um 1920 die ersten Kalender mit Türen kreiert. Vermutlich hat ein evangelischer Pfarrer die Idee mit den Hintergrundbildern entwickelt. Hinter jedem Türchen wartete ein festliches Bild, später wurden Süßigkeiten versteckt. An sich ist die Adventszeit eine Fastenzeit, doch schon damals konnte niemand der süßen Versuchung widerstehen. Das hat sich bis heute nicht geändert.

Als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, wurde versucht, das immer noch christliche Grundverständnis der Advents- und Weihnachtszeit aus dem täglichen Leben zu verbannen. Die Adventstage hießen nun Vorweihnachten und weihnachtliche Süßigkeiten Sinngebäck. Richtig durchsetzen ließ sich das aber nicht; und als die NS-Zeit endlich überstanden war, setzte der Adventskalender zu neuen Höheflügen an.

Adventskalender als Massenware

Nach 1950 wurde der Kalender zur Massenware und der Preis pro Exemplar war für viele Menschen erschwinglich. Verschneite Landschaften, eine Krippenszene für den 24. Dezember und per Hand gemalte Szenen waren groß in Mode. Heutzutage ist der Markt für Adventskalender fast unüberschaubar geworden. Einfache Schokoladenkalender mit und ohne Hintergrundbildchen gibt es weit vor der Adventszeit und schon für wenige Cents in jedem Supermarkt. Daneben werden Kalender mit edlen Pralinen und andere mit Schokoriegeln gefüllt. Doch die Schokolade hat Konkurrenz bekommen: Themen-Adventskalender sind in. Darunter finden sich Varianten für Jungen (beispielsweise Lego) und Mädchen (beispielsweise Barbie), aber auch solche für Frauen (beispielsweise Kosmetik) und Männer (beispielsweise Spirituosen). Von Lebensmitteln über Wellnessartikel bis zu erotischem Spielzeug reicht die Palette der enthaltenen Geschenkartikel.

Weiterhin werden reine Bild- und Spruchkalender angeboten, die ebenfalls gut ankommen. Auch der selbst gebastelte Adventskalender hat weiterhin Konjunktur. Es gibt Jutesäckchen am Band, Bastelsets und Schachtelsysteme zu kaufen. Wer sehr kreativ ist, häkelt oder strickt weihnachtliche Figuren oder Säckchen selbst.

Weiterhin stellen immer mehr Firmen virtuelle Adventskalender ins Internet. Manche bieten jeden Tag einen Spruch oder ein Bild, bei anderen ist ein Adventskalender Gewinnspiel damit verbunden.

Fazit

Der Adventskalender hat sich zu einem unglaublichen „Renner“ entwickelt. Die Menschen haben heutzutage genügend Abwechslung in ihrem Leben und sind zudem häufig nicht mehr christlich eingestellt. Dennoch kaufen und verschenken sie Adventskalender in unvorstellbaren Mengen, denn die tägliche Überraschung macht einfach Spaß. Insofern kann es für die unterschiedlichen Vorlieben gar nicht genug Varianten geben.


Quellen und weitere Links